Absagen, einfach absagen…

Eigentlich hatte ich ja gedacht, ich könnte mich aus der Diskussion um die Kulturhauptstadt 2010 so langsam ausklinken.

Zum einen werde ich angesichts meines Wegzugs aus der Region zum Gelingen des Projekts nicht mehr viel beitragen können.

Zum zweiten konnte ich mich mit dem Eindruck beruhigen, dass der Zug für große Ziele ohnehin längst abgefahren ist, die versammelte “Kompetenz” im Hauptquartier und in den Städten aber doch immerhin soviel Glamouröses auf die Beine stellen kann, dass die Ruhr.2010 zumindest nicht peinlich enden wird.

Heute erreichen mich drei Infoschnipsel, die meine Zweifel wieder nähren.

ad 1:
Die Ruhr.2010 hat einen Slogan. “Bleibt alles anders.” Eine Headline aus der Feder von Herbert Grönemeyer. Der zugehörige Song gehört für meinen Geschmack, zu den weniger gelungenen Stücken dieses wohl bekanntesten Bochumers. Bei jeder weiteren Zeile frage ich mich, “watt will der Kerl heute von mir?” Vielleicht war ich einfach nicht oft genug in London?!
Aber egal. Der Ruhrbaron Stefan Laurin liegt wohl richtig, wenn er ausruft, “Wir hatten Glück…”
(Wie die Entscheidung für den Slogan gefallen sein könnte, ist vielleicht daran erkennbar, dass man zwar aus der Presse von der Bekanntgabe auf einer Veranstaltung der Sparkasse Essen erfährt, nicht jedoch auf WebSite der Ruhr.2010.)

ad 2:
Der Kulturausschuss der Stadt Bochum hat getagt. Für die Vorbereitungen im Jahr 2008 wird eine Verdoppelung des Etatansatzes in Erwägung gezogen. Hört sich gut an? Nicht wirklich. Das Doppelte von fast gar Nichts ist irgendwie immer noch fast gar Nichts, oder?
Aber wozu mehr Geld einplanen, wenn man ohnehin vor allem abwarten will. Schließlich befindet sich das Projekt K-Hauptstadt revierweit nach wir vor erst in der Findungsphase.
Ich enthalte mich jeden weiteren Kommentars.

ad 3:
Durch ein Kommentar von Sven wurde ich auf ein Neuerung auf der Logo-Seite der Ruhr.2010 aufmerksam. Dort wird nun eigens und ausführlich darauf hingewiesen, dass die Marken der Ruhr.2010 europaweit geschützt seien, was niemand bestreitet, aber nur die halbe Wahrheit ist.

Der Geschäftsführer der Ruhr.2010 Oliver Scheytt lässt sich dazu mit folgendem Satz zitieren:

“Wir befinden uns in einer gesicherten Rechtsposition und haben uns bei all unseren Schritten von führenden Markenrechtlern beraten lassen. (…)”

Mir ist schleierhaft, wie Scheytt zu dieser Erkenntnis kommen kann. Denn immerhin sind die Rechte an der Wort/Bildmarke “Ruhr 2010″ beim DPMA nach wie vor nicht in der Hand der Ruhr.2010. Außerdem liegen mir Unterlagen vor, die zumindest Nahe legen, dass nicht alle beratenden Anwälte mit Scheytt in dieser Sache einer Meinung sind.

Nachsatz:

Oliver Scheytt äußerte in einem Schreiben an den Kulturstaatsminster Neumann übrigens die Befürchtung, die Ruhr.2010 könne “zum Risiko oder gar Desaster im In- und Ausland” werden. Möglicherweise sind Scheytts Befürchtungen nach der Erhöhung der Bundesmittel um 3 Mio. Euro inzwischen ausgeräumt.

Meine sind größer denn je. Vielleicht sollte man das Fest doch einfach absagen? Würde ja zur Stimmung passen.

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Schon 7 Kommentare.

  1. Pottblog

    Ruhr.2010: Ein Abgesang…

    Dass das Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt 2010 gewählt wurde, stößt hier natürlich auf viel Freude.
    Unfreudig sind jedoch andere Begleiterscheinungen über die Djure von blog.50hz.de und ich schon diverse Male berichtet haben. Se…

  2. copper

    Als ich hörte, dass Essen zur Kulturhauptstadt ernannt wurde, da hab ich mich sehr gefreut. Mittlerweile sehe ich das Ganze als große Lachnummer seitens der Verantwortlichen. Schade! Das hat die Region nicht verdient.

  3. Gelsenkirchen Blog » Herr Scheytt, Sie sind voll Kraft und Zauber.

    […] Von Dennis Reaktionen auf diesen Beitrag via RSS 2.0 Bitte kommentieren Sie oder diskutieren via Trackback weiter! Kommentare Bitte kommentierenSie! […]

  4. Andreas F.

    Das Fest absagen? Aber nein. Gerade weil diejenigen, die nicht so optimistisch sind, Aufmunterung brauchen, sollte das Fest “Kulturhauptstadt” nicht abgesagt werden.

    Je wenn es denn wirklich als ein Fest für die Menschen im Ruhrgebiet (das schliesst Besucher ein), also als eine Art kulturelles Volksfest gedacht ist. Und dann muss Essen auch keine Angst vor Konkurrenz und dem Vergleich mit den beiden anderen Kulturhauptstädten in 2010, Pécs und Istanbul haben.

    Wenn es denn aber eine emotionslose Kopfgeburt werden wird, so wie es viele Stücke des späten Herbert Grönemeyer sind, und der Grönemeyer Text als Slogan legt das leider nahe, dann kann man sich den ganzen TamTam tatsächlich sparen, und von dem eingesparten Geld sollte man vergünstigte Reisen nach Pécs und Istanbul anbieten :-). Das wäre dann vielleicht ja die ursprünglich mit der Kulturhauptstadt bezweckte Völkerverständigung.

  5. Administrator

    @Andreas: Ein stimmungsvolles Volksfest ohne großen Anspruch aber viel Spaß. Das sollte noch zu schaffen sein. Und das sollte natürlich unbedingt steigen.

    Aber größere Ansprüche lassen wir wohl besser fahren, was.

    Aber mal im Ernst: Natürlich sollte alles daran gesetzt werden, die Kulturhauptstadt so gut es geht hinzubekommen. Vielleicht findet sich ja doch mal jemand, der die Notbremse zieht (Scheytt wirksam in Frage stellt), um dann neu durchzustarten.

  6. copper

    Ich hab vor ein paar Tagen gelesen, dass der Pannekopp des Jahres an Dr. Werner Müller geht… für die Umbenennung der RAG in Evonik-Industries.

    Meines Erachtens verdient der gute Mann einen 2. Pannekopp und zwar dafür, dass er im Aufsichtsrat der Ruhr 2010 sitzt und Scheytt NICHT in Frage stellt.

  7. blog.50hz.de

    Ruhr.2010: Jetzt müssen die Schweine ran…

    Nachdem die Scheytt’sche Bettelei - sinngemäß “Herr Staatsminister, wenden Sie ein Desaster ab!” (siehe auch hier) - nur magere drei Millionen aus dem Bundeshaushalt eingebracht hat, soll nun also der Landeshaushalt herhalte…

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