Dank WAZ doch möglich: PR-Wert-Faktor 2

KurzeEtwas längere fachliche Vorrede: Wenn Medienanalysten nach einem Anhaltspunkt für den monetären Gegenwert von erfolgreicher Medienarbeit suchen, verwenden sie dazu häufig den sogenannten Anzeigenäquivalenzwert (AÄW). Dahinter steckt die schlichte Idee, einem redaktionellen Text über ein Produkt den Wert zuzumessen, den eine gleich große Anzeige für das Produkt auf der jeweiligen Seite gekostet hätte.

Das Konzept ist recht beliebt, vor allem weil der AÄW kostengünstig zu ermitteln ist und schnell recht üppige Summen zusammenkommen, mit denen man in internen Meetings glänzen kann. Gegen die Verwendung des AÄW gibt es zwar vielerlei Einwände, im richtigen Zusammenhang leistet er aber gute Dienste.

Eine Weiterentwicklung des AÄW ist der gewichtete AÄW. Statt auf die Fläche des gesamten Artikels abzustellen, fließt in diesen nur der Teil eines Artikels ein, der sich tatsächlich (positiv oder neutral) mit dem untersuchten Produkt auseinandersetzt.

Noch etwas genauer nimmt es das von Landau Media entwickelte PR-Wert-System. Für dieses schauen sich die Analysten den Artikel im Detail an und vergeben Zehtel-Punkte für bestimmte Kriterien. Etwa dafür, dass die Marke in der Überschrift oder im Bild auftaucht, für die Dominanz oder Alleinstellung der Marke im Text oder für den Transport einer bestimmten Botschaft. Die Punkte werden dann zu einem Faktor addiert, der mit dem gewichteten AÄW multipliziert wird.

Das PR-Wert-System wird immer so angelegt, dass der Faktor den theoretischen Maximalwert von 2 erreichen kann. Und zwar deshalb, weil ein redaktioneller Beitrag mit Bild im Idealfall wie eine perfekte Anzeige wirkt und gleichzeitig alle positiven Eigenschaften eines redaktionellen Textes hat.

Ende der Vorrede.

Der Maximalwert des PR-Wert-Faktors von 2 ist übrigens allenfalls theoretisch zu erreichen.

Es sei denn, die WAZ-Lokalredaktionen lassen den neuen Redaktionskodex Redaktionskodex sein und verzapfen Artikel, wie den im heutigen Bochumer Lokalteil.

Eine gefühlte ganze Seite lang berichtet der Autor Rolf Hartmann über die Vorstellung eines vermeintlichen Kunstwerks. Eine internationale Hotelkette hat nämlich eine Maschine einer Billig-Airline in den Unternehmensfarben lackieren lassen, um damit neue Gäste anzulocken. Gestern wurde diese Maschine der geneigten Öffentlichkeit vorgestellt. Und zwar in Köln!

Solche PR-Aktionen werden für gewöhnlich - wenn überhaupt - als kleine Meldung im Wirtschaftsteil abgefrühstückt. Der lokalen Presseabteilung der Hotelkette ist es allerdings gelungen, das Ereignis großflächig in den Bochumer Lokalteil der WAZ zu heben. Dazu möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich gratulieren. Der PR-Wert-Faktor für diesen Artikel dürfte tatsächlich gegen 2 gehen.

Der WAZ und ihrem Autor aber sei folgende Frage ans Herz gelegt: “Was hat das ganze mit Bochum zu tun?” Weder die Hotelkette noch die Fluggesellschaft haben ihren Sitz in Bochum. Das Flugzeug wurde nicht in Bochum - wie auch? - geschweige denn in der Nähe, sondern in Köln vorgestellt. Auch hat die ganze Aktion keinerlei Bezug zu Bochum. Abgesehen davon, dass die Hotelkette eines ihrer 75 Häuser in Bochum betreibt. “Was hat hat der Artikel also überhaupt in der WAZ und dann auch noch in diesem Lokateil verloren?”

Möglicherweise verstößt weder der Ausflug nach Köln noch der Artikel selbst offen gegen den Kodex der WAZ. Seinem Geist läuft er aber auf jeden Fall zuwider. Für solche Gefälligkeitsartikel bin ich nicht zu Euch übergelaufen.

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Disclaimer: Dieser Beitrag verstieße ganz sicher gegen den Kodex der WAZ. Immerhin verknüpfe ich den Inhalt mit dem Hinweis auf Produkte von deren Verkauf ich unter anderem lebe. Aber dies hier ist nicht die WAZ. Ich bin kein Journalist. Und außerdem habe ich ja drauf hingewiesen.

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Schon 9 Kommentare.

  1. Dennis

    Ich nenne den AÄW übrigens auch gern SBP:
    Schleichwerbung Bestechungs Pauschale :-) Ich finde es übrigens lächerlich, dass in qualitativ hermeneutischen Zusammenhängen gerechnet wird. Aber der krankhafte Zwang zur verwissenschaftlichung einfachster Zusammenhänge macht sich, wie leidlich erfahren muss, nun auch im Bereich der Medien breit.
    Fürchterlich.

  2. Dennis

    Ich habe ein “Ich” vergessen. Entschuldigung.

  3. Silent

    Vielleicht gab es ein paar Übernachtungen oder Freitikets zusätzlich

  4. 50hz

    @Dennis: Du hättest auch noch ein großes V verschwenden dürfen.
    Ich bin auch kein großer Freund monetärer Ansätze. Aber Controller können nun mal am besten in Euro denken. Und wenn man nicht den Fehler macht, man könne mit dem PR-Wert Praktikanten bezahlen, ist es okay.

  5. 50hz

    @ Silent: Na dann müsste jetzt aber einer seinen Hut nehmen ;-)

  6. Dennis

    Dat mit dem V hab ich direkt danach enddeckt xD Aber man muss mir das nachsehen, wenn ich mich über MATHE aufrege :-)

  7. Jens

    Eigentlich sollte man mal die WAZ fragen, wie dieser Artikel mit dem Kodex in Einklang zu bringen ist…

  8. Pottblog

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