Leserbeirat: WAZ ist das denn?
Die WAZ von gestern widmet eine Menge Raum einem neu entdeckten Instrument zur Steigerung der Leser-Blatt-Bindung. Uns Uli verkündet oben auf der “Eins”:
“WAZ-Redaktionen gründen Leser-Beiräte - Ihre Zeitung möchte den Kontakt mit Ihnen ausbauen”
Man sei, so Reitz, “als entschlossene Bürgerzeitung” allen Lesern verpflichtet. In regelmäßigen Treffen soll Lesern die Möglichkeit gegeben werden, Anregungen zu geben und der Redaktion die Meinung zu sagen. Damit die Zeitung noch “besser, lesenswerter und lebensnäher” wird.
Hört sich ja erst mal nicht schlecht an.
Im Lokalteil wird es konkreter. Der Beirat soll zehn Personen umfassen und dreimal jährlich zusammengekommen. Und wer kommt rein? - Man kann sich bewerben. Per Brief, Postkarte oder Fax. Und die Redaktion will “dann einen repräsentativen Querschnitt aus der Leserschaft auswählen.”
Ich wurde - von einem Ruhrbaron - gefragt, was ich davon halte. Also drei kurze Gedanken:
Ich finde Dialog eine klasse Idee. Aber warum braucht es dazu einen schwerfälligen Beirat. Gibt es nicht jetzt schon rege Rückmeldung an die Redaktion? Leserbriefe, Hinweise, Fragen in der wöchentlichen Sprechstunde. Nicht zu vergessen ein Fülle von Kommentaren im Westen.
Uups. Damit wäre der Wunde Punkt wohl getroffen. Denn warum sollte eine Redaktion sich durch einen Beirat eher verändern, als durch die alltäglichen Rückmeldungen der Leser? Eine Redaktion zudem, die es bislang nicht geschafft hat, auf auch nur eine einzige meiner E-Mails zu reagieren. Eine Redaktion, die nicht in der Lage ist, auf nur einen meiner kritischen Kommentare im Westen zu antworten geschweige denn etwas an der schlechten Arbeit zu verändern.
Dann dieser Begriff. “Leser-Beirat” oder wie es im Lokalen steht “Leserbeirat”. Sorry. Bei mir löst das eine Assoziationskette aus, wie bei anderen das “Gebiet.” Heimbeirat, Fahrgastbeirat, Kleingartenbeirat, … Schauer.
Und schließlich die Frequenz der Zusammenkünfte. Dreimal jährlich?! Dreimal jährlich kommt man bei einer Tasse Kaffee zusammen? Hallo! Das Medium heißt TAGESzeitung. In der Branche sprießen in drei Monaten mehr für Zeitungen bedrohliche Ideen aus der Startup-Wiese als der Beirat Stücke Kuchen verzehren kann.
Das muss ein Witz sein. Oder?
Abschließend einmal mehr zur Internetkompetenz der Bochumer Redaktion. Bewerbung per “Brief, Postkarte oder Fax”? Wie wäre es mit E-Mail? Oder Instant Messenger? Wie sonst soll sich ein “Querschnitt” der Bevölkerung bewerben. Oder gehören unter 25 jährige nicht dazu? Wäre zumindest bequemer, was?
Und warum gibt es zum Thema Leser-Beirat nichts online? Gut. Der Artikel von uns Uli ist auch nur auf Totholz erschienen. Aber die Redaktionen Witten, Herne, Dorsten, Oberhausen und noch ein paar mehr konnten den Artikel online stellen. Bochum nicht. Essen - soviel sei fairerweise ergänzt - auch nicht.
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10.02.08 um 23:32
WAZ sucht Leser-Beiräte in Lokalredaktionen…
In der gestrigen Samstags-Ausgabe titelte die Schlagzeile der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), dass Leser-Beiräte in den einzelnen (Lokal-)Redaktionen gegründet werden.
Diese Leser-Beiräte sollen als Bindeglied zwischen den einze…
11.02.08 um 01:35
Die WAZ lässt sich halt nur von den ganz großen inspirieren …
11.02.08 um 12:47
Eine Zeitung ist ein Angebot. Man kann es mit den Lesern diskutieren, aber man kann nicht über Artikel abstimmen lassen. Diskussion ist daher gut, aber ich hätte die Befürchtung, dass sich viele der Leser, die Lust haben sich zu engagieren, mehr erwarten, als es eine Redaktion ihrem Selbstverständnis nach einräumen kann.
11.02.08 um 13:14
Sounds like a journalist’s approach ;-)
20.02.08 um 19:17
[…] Leserbeirat: WAZ ist das denn? bei blog.50hz.de […]