“Ich komme mir vor wie Thomas Gottschalk”

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Es könnte an der Anwesenheit gleich mehrerer altgedienter Showmaster gelegen haben: Selten ist ein Zeitplan so grandios geplatzt, wie gestern bei der Verleihung des Steiger Awards in der Jahrhunderthalle Bochum. Statt der geplanten zwei dauerte die Show gute vier Stunden. Kein Wunder, denn statt für eine Fünf-Minuten-Laudatio bzw. Danksagung, nutzten eigentlich alle die Bühne für eine ausgedehnte Rede.

Darüber hätte man sich ärgern können. Schließlich muss man ja irgendwann mal auf’s Klo. Und der Appetit auf das anschließende Dinner begann auch zu nagen.

Aber nein: Der Abend war eine fortdauernde Erfrischung des Geistes. Anders als beim Vorbild Burda-Bambi reihte sich nicht tränenerstickte Kurzprosa aneinander. Gestern hatten alle Redner etwas von Bedeutung zu sagen.

Am meisten beeindruckt hat mich Blacky Fuchsberger, der erzählte, wie er nach Kriegsende noch als Kriegsgefangener vier Monate lang in der Schacht der Zeche König Ludwig eingefahren war und dort alles gelernt habe, was er für sein späteres Leben brauchte. Sein Laudator und “Vize-Sohn” Ralf Bauer - mir bislang nicht eben für Tiefgang bekannt - hatte ihn zuvor in beeindruckender Weise gewürdigt.

Ebenso erwähnenswert: Die launige Rede des großen Avi Primor für seine angebetete Iris Berben, die wunderbar sonore Stimme des Wegbereiters der Neuen Deutschen Welle Dieter Thomas Heck, die tatsächlich wunderschöne aber mindestens ebenso kluge Landrätin Pauli und - wieder einmal - der zu Recht als großer Redner ausgezeichnete Norbert Lammert.

Norbert Lammert überreichte übrigens den Preis an Hamid Karzai, der tatsächlich persönlich anwesend war. Ich hatte deswegen ja mit Zuständen wie am Heiligen Damm gerechnet. Aber offenbar ist ein Amerikanischer Präsident doch ein wenig kostbarer als ein Afghanischer. Bis auf die Kontrolle des Personalausweises ist nicht viel passiert.

Selbst die Showeinlagen erweiterten zumindest meinen Horizont: Es wird Zeit Heinz-Rudolf Kunze neu und Tina Dico endlich zu entdecken - was für eine Stimme.

Der Steiger-Award beruht übrigens auf der Privatinitiative von Sascha Hellen und Sascha Prochaska. Zwei jungen Idealisten aus der Region. Er wird an Personen verliehen, die sich mit den Qualitäten des Steigers verdient gemacht haben. Ich halte die Idee für tragfähig. Nicht zuletzt deswegen haben wir den Preis unterstützt.

Jetzt gilt es allerdings die nächste Stufe zu zünden. Der Preis muss mehr Bodenhaftung bekommen, indem er stärker die Bevölkerung einbindet. Und zumindest ein Teil der Preise braucht eine Dotierung. Rupert Neudeck sprach das gestern Abend aus. Natürlich freut ihn die Ehre. Aber 80.000 Euro für seine Grünhelme wären ihm auch ganz Recht gewesen. Also auf: Stiftungskapital einsammeln.

Für ca. 20 junge Deerns ging gestern Abend übrigens ein Traum in Erfüllung: Sie durften stundenlang die gleiche Luft atmen wie die Jungs von US5. Der Moderator Steffen Seibert kam sich vor wie Thomas Gottschalk. Und sprach das auch aus. Ich wusste nicht, das dieses Gekreische soooo laut sein kann.

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Schon 3 Kommentare.

  1. Pottblog

    Steiger-Award in der Bochumer Jahrhunderthalle…

    Vom sogenannten Steiger-Award, der gestern in der Bochumer Jahrhundethalle vergeben wurde, hatte ich schon mehrfach gelesen.
    Bisher wußte ich nicht so recht was ich davon halten sollte.
    Alleine dieser Name - ich bin kein Feind von englischen Bezei…

  2. .peter

    guter Bericht. Wie kommt da rein, um mal mitzulauschen?

  3. 50hz

    Einfach jeden Tag 10 cent beiseite legen. Dann hast Du beim nächsten mal das Eintrittsgeld zusammen. Den höheren Preis für das “Dinner” muss man sich nicht unbedingt geben. Obwohl ich zugebe, dass der Abend dadurch natürlich etwas angenehmer wird ;-)

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