Es lebe die Gießkanne

Der Haltungstuner ist zufrieden, ich bin es nicht. Denn aus einem ursprünglich gradlingen Ansatz, ist ein heilloses Durcheinander geworden. Von der ursprünglichen Idee, genau die (potentiellen) Familien besser zu stellen, die ohne eine Verbesserung ihrer Situation keine werden, ist nur wenig übrig geblieben. Statt dessen wird die viel bemühte Gießkanne herausgeholt und fleißig nicht vorhandenes Geld verteilt.

Man kann darüber streiten, ob des Haltungstuners Familienmodell (4 Kinder, ein Geldranschaffer) oder meines (2 Kinder, zwei Geldranschaffer), ein Modell mit Zukunft ist. Das will ich aber gar nicht. Ich finde beide Modelle klasse und ziehe erfurchtsvoll meinen Hut vor soviel Mut zu Nachwuchs.

Allerdings sollten wir nicht die Augen davor verschließen, dass akademisch ausgebildete Männer oder Frauen sich künftig kaum noch in großer Zahl gegen die Berufstätigkeit entscheiden werden. Sie werden sich vielmehr immer häufiger Fragen, ob sie trotz Beruf und Karriereträumen Kinder haben können. (Dabei geht es häufig gar nicht mal ums Geld. Wir bspw. stünden derzeit finanziell nicht besser da, würde meine Frau das Häuschen hüten.)
Dass diese Frage künftig wie selbstverständlich mit ja beantwortet werden kann, dafür gilt es zu streiten. Und dafür war das von der Leyen-Modell ein richtiger Schritt. Dass zudem auch an der Versorgung mit guten Ganztagsplätzen in Kitas gearbeitet werden muss, steht natürlich außer Frage. Aber außerhalb von Hamburg und Berlin (und Gelsenkirchen!) muss das Wort Kita erst einmal Einzug in den Sprachschatz halten.

Ich halte es übrigens überhaupt nicht für “Quark”, Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten geltend zu machen. Wenn ich Kinder habe, ist es unbedingte Voraussetzung für meine Berufstätigkeit, dass die Kinder betreut werden.

Und am Ende sind er der Haltungstuner und ich uns gar nicht fern, oder? Denn: Wäre Kirchhoff doch nur Finanminister geworden.

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Schon 3 Kommentare.

  1. der haltungsturner

    Weshalb ich sehr froh bin, dass es keine Werbungskosten, sondern Freibeträge sind: Es ändert die Perspektive. Ein Kinderfreibetrag (ob wie jetzt für die Betreuung oder später für den Kopf) wird für das Kind gegeben, weil Kinderbetreuung so oder so sinnvoll ist für das Kind. Die Perspektive ist also das Kind und nicht das Elternteil, wie es bei Werbungskosten wäre. Finde ich seeehr viel besser.

    Kinderbetreuung als Werbekosten wäre wie Kleidung als Werbekosten: Klar brauche ich Kleidung, um zu arbeiten, klar brauche ich Kinderbretreuung, um zu arbeiten. Aber beides brauche ich auch sonst…

    Ich denke, es geht jetzt nicht um Gießkanne, denke ich, sondern darum, dass Einverdienerfamilien genauso wenig durch die neue Regelung diskriminiert werden sollen wie Zweiverdienerfamilien. Hier hat sich m.E. die Politik aus der Wertung rauszuhalten. Und da zurzeit noch mehr Akademiker kinderlos bleiben als Akademikerinnen, geht die Diskussion ohnehin in die Irre, oder?

  2. 50hz

    Kleidung brauche ich in der Tat auch ohne Job. Genauso wie Nahrung und Wohnung. Kinderbetreuung (im engeren Sinne) hingegen nicht unbedingt. Es geht mir nun wirklich nicht um Kindergartenbeiträge. Das sind Peanuts im Vergleich zu dem, was wir derzeit aufwenden, weil es für unter dreijährige einfach keine “öffentlichen” Angebote gibt. Da sind 4.000 € schon bei einem Kind schneller verballert, als man sich umdrehen kann.

  3. der haltungsturner

    Ja klar, und auch die für mich halbierten Beträge für unter Drei- und über Sechsjährige helfen nicht wirklich real bei den Kosten. Aber zu glauben, dass der Kinderwunsch in Situationen wie den unseren wesentlich montär beeinflusst wird, halte ich für ein Gerücht.

    Andererseits: Im reichen Speckgürtel der reichen Stadt in der ich wohne geht der Trend zum Dritt- und Viertkind. Nur ganz unten und ganz oben “leisten” sich zurzeit viele Kinder (mal von Verrückten wie uns abgesehen und Christen). In beiden Fällen ist Geld kein Argument - weil es entweder ohnehin fehlt oder ohnehin reicht.

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