Gute Idee: Nationalhymne auf Türkisch
Die Vorschläge des Hans-Christian Ströbele hören sich manchmal reichlich abstrus an. Häufig sind sie es auch. Dieses mal aber hat er ins Schwarze getroffen (SpOn, stern.de).
Ich gehe mit Herrn Bosbach konform, wenn er das Erlernen der Deutschen Sprache für eine Schlüsselqualifikation hält (wofür eigentlich?). Dass in Frage zu stellen, darum geht es jedoch gar nicht. Der Deutschen Nationalhymne einen offizilellen türkischen Text zu geben, wäre ein deutliches Signal der Deutschen, dass sie es akzeptieren, dass unter ihnen eine türkischstämmige Minderheit lebt, deren Sprache und Kultur Bestandteil des Lebens in Deutschland geworden ist. Und das wird nun wirklich langsam Zeit. Integration ist eben keine Einbahnstraße.
02.05.06 um 21:50
Einspruch Herr Kollege, ich akzeptiere ja auch, das es eine chinesisch-stämmige Minderheit in Deutschland gibt. Gerade deren (Koch-)Kultur ist Bestandteil meines Lebens geworden. Dann ist da noch die spanischstämmige Minderheit, die russland-deutschstämmige Minderheit, die baltischstämmige Minderheit, die friesischstämmige Minderheit, die polnischstämmige Minderheit, die französischstämmige Minderheit im Saarland, die afrikanischstämmigen Minderheiten…
Sie alle sind mehr oder weniger Bestandteil unseres Lebens geworden. Aber für jede Minderheit eine Hymne? Dann doch lieber das Original, angemessene Übersetzungen mit ausführlichen Erläuterungen zu Inhalt und Geschichte. Dieses zu kennen, zu verstehen und auch zu leben halte ich für die Grundlage jeder Integration. Herr Ströbele hört sich in der Tat oft abstrus an. Leider diesmal auch!
03.05.06 um 07:19
Darf ich nur kurz darauf hinweisen, dass die türkischstämmige Minderheit, die mit großem Abstand wichtigste “Minderheit” darstellt und bspw. fast die Hälfte aller Einbürgerungen ausmacht.
03.05.06 um 08:28
Das stimmt wohl, aber die ganze Diskussion ist ja doch hoch theoretisch: Soll es eine “offizielle” Hymne in türkischer Sprache geben? Zu welchen offiziellen Anlässen sollte die gesungen werden? Der Effekt wäre derselbe wie nach den jahrzehntelangen Integrationsversuchen: Es gibt ein Nebeneinander, aber kein Miteinander. Integration als Ziel ist eben doch eine Einbahnstrasse - die man miteinander gehen sollte, denn es gibt keinen Weg zurück. Und “Einischkeit und Rescht und Freiheit, Alter” wird doch auch jetzt schon gesungen :-)
07.05.06 um 09:02
> Es gibt ein Nebeneinander, aber kein Miteinander.
Zwischen Rentnern und Snowboard-fahrern gibt es auch ein Nebeneinander, kein Miteinander. Zwischen wohlhabenden Menschen, und Menschen die an der Armutsgrenze leben in Deutschland gibt es auch ein Nebeneinander, kein Miteinander - hey, es gibt sogar eine Ghettoisierung dieser Gruppen. Das, was dieses Land zusammenhält und was die Menschen verbindet, ist nicht die Nationalhymne, das sind andere Dinge. Mit “Deutsch lernen” hat das übrigens nicht zu tun, es hat ja keiner vorgeschlagen türkisch als zweite offizielle Sprache zu etablieren.
Davon abgesehen, finde ich de Vorschlag dennoch falsch und wäre nicht für eine Umsetzung. Die Ursache dafür liegt allerdings zum einen v.a. bei der “Integration” bestimmter, großer ur-deutscher Bevölkerungsgruppen, zum anderen wäre IMHO doch wieder nur eine relativ irrelevante Scheindiskussion über etwas was wenig Effekt hat, was aber (zu unrecht) zuviel Aufmerksamkeit, Zeit und DIsukussionen auf sich zieht.
Herrr Ströbele macht glaube ich nichts anderes als ein Herr Bouvier, Beckstein oder Schönböhm: Man weiß von wem man sowieso nicht gemocht wird, und von wem man gewählt werden könnte, und dementsprechend versucht man möglichst viel Presseaufmerksamkeit mit solcher Stimmungsmache zu erhaschen. “Playing to his base” quasi. Ich finde solche Methoden nicht hilfreich/nützlich wenn sie von konservativer Seite kommen, und ich finde sie auch nicht hilfreich/nützlich wenn sie von grüner oder linker Seite kommen. (Naja, nützlich vielleicht für die betreffenden Personen, aber nicht für den Rest von uns)
09.05.06 um 12:10
Wie ich gerade lese, stammt die Idee gar nicht von Stöbele, sondern entspringt der Ungenauigkeit der B.Z., die von der Bild dann kräftig ausgeschlachtet wurde.
Wie auch immer. Die Idee bleibt immer noch bedenkenswert. Mehr dazu gibt’s hier: bildblog.de/?p=1364
10.05.06 um 14:35
Integration IST eine Einbahnstrasse. Ein Einwanderer intergriert sich in das Einwanderungslang, nicht das Land integriert sich um ihn.
Wie sollte das denn bei einem Fussballspiel laufen?
Zuerst singen die einen, dann die anderen? Deutsche und Türken singen also nicht gemeinsam? Wäre das Integration?
Oder müssten die Deutschen türkisch lernen, um alles mitsingen zu können?
Eine richtige Ströbele Idee, ach was sag’ ich da… es ist ja nicht mal seine Idee, er hat sie nur in den USA geklaut.
Die USA ist jetzt also für Ströbele ein Vorbild für Integrationspolitik. Selten so gelacht.
10.05.06 um 15:03
Die Einwanderer um die es hier geht - die Türken - kamen auf Einladung und machen inzwischen eine veritable Minderheit - in einigen Stadtteilen gar eine Mehrheit aus. Zu erwarten, die würden alle aufrechte Deutsche werden, ist doch wohl absolut weltfremd.
Und in der Tat hielte ich es für eine gute Idee, wenn Türkisch an der einen oder Schule als dritte Fremdsprache angeboten würde. Nicht nur um gemeinsam die Hymne zu singen, sondern um auch Lehrkräfte zu haben, die sich mit den Eltern der Einwandererkinder auf Augenhöhe unterhalten können und um die Türkei auch wirtschaftlich für Deutschland zu erschließen.
02.06.06 um 18:33
Der Gute bleibt schräg: stroebele-online.de/dokum...